…und ich darf dabei sein! Juhu, seit letztem Jahr gibt es die VaSt- die vorausgefüllte Steuererklärung. Klingt ein bisschen sperrig, aber halt trotzdem nach weniger Arbeit, auf die man keine Lust hat. Also immer her damit! Meine Steuererklärungs-Software, die es mir überhaupt erst ermöglicht, eine Steuererklärung auszufüllen ohne Schreikrämpfe, zeigt mir gleich beim Start die neue Möglichkeit an und naiv drücke ich auf das Knöpfchen, das mir viel Arbeit ersparen soll. Denn das Finanzamt hat ganz viele Daten ja schon, z.B. alle Daten, die früher in der Lohnsteuerkarte standen und die mein Arbeitgeber jetzt direkt ans Finanzamt schickt. Was soll ich die also mühsam von Hand ausfüllen, wenn sie sowieso schon vorliegen?
Die Software sagt mir, dass ich mein Elster-Zertifikat benennen soll. Gut, kein Problem, sowas habe ich natürlich. Da ich seit einigen Jahren meine Steuererklärung nicht nur am PC mit Hilfe eines Programms erstelle, sondern auch online via Elster ans Finanzamt schicke, habe ich mir bereits ein tolles Elster-Zertifikat zugelegt. Dies erlaubt mir nämlich, schon vor dem offiziellen Amtsbrief meinen Steuerbescheid abzuholen. Sowas gefällt mir: Ich weiß eine Woche früher, was ich an Steuern rückgezahlt bekomme, ha!
Nun, es funktioniert nicht. Als mögliche Ursache wird benannt, dass ich mein Elster-Zertifikat mit der Steuernummer statt mit der Steueridentifikationsnummer erstellt habe. Und dann gilt es zwar für die Steuererklärung, aber nicht für die vorausgefüllte Steuererklärung. Wenn Tatsachen dieser Art im Ausland verbreitet würden, dann würde kein Schwein mehr nach Deutschland flüchten. Aber ich lebe ja schon lange hier und so schnell lasse ich mich nicht abschrecken! Deutsche Verwaltung kriegt mich nicht klein!
Als mögliche Lösung wird benannt, ein neues Elster-Zertifikat zu beantragen. Und obwohl ich fast ganz sicher bin, dass mir niemals so ein dämlicher Fehler unterlaufen ist, die Steuernummer mit der Steueridentifikationsnummer zu verwechseln, beantrage ich eben. Dazu müssen alle persönlichen Daten erneut eingegeben sowie die Steueridentifikationsnummer eingetragen werden.
Ich bekomme eine E-Mail mit einer Aktivierungs-ID und den Hinweis auf einen Brief mit einem Aktivierungscode, den ich demnächst erhalten werde.
Die Zeit, die ich wegen des noch nicht erhaltenen Briefs keine Steuererklärung erstellen kann, nutze ich für sinnvollere Dinge wie Blogs lesen, Kinder- und Katzenvideos auf youtube anschauen und Deutschlands heimliche Deutschlehrer auf Facebook „Hooligans gegen Satzbau“.
Tag fünf: Der Brief ist da. Schwupps trage ich die Aktivierungs-ID aus der E-Mail und den Aktivierungscode aus dem Brief ein, vergebe eine PIN (notiere alles sorgsam in mein geheimes Buch), erstelle einen Verschlüsselungsschlüssel durch Mausbewegen auf dem Bildschirm und habe endlich ein aktuelles funktionsfähigen Elster-Zertifikat!
Mit diesem brandneuen Zertifikat starte ich meine Steuer-Software und will die vorausgefüllte Steuererklärung abrufen. Funktioniert….nicht. Das Zertifikat wird anerkannt und berechtigt mich nun, den „Belegabruf“ einzurichten. Dafür muss ich denselben nur beantragen und auf den Brief mit der Belegabrufnummer warten.
Wie lange hätte es gedauert, die Daten der Lohnsteuerkarte von Hand in das Formular einzutragen? Wie viele Katzenvideos muss ich noch anschauen, bis das „Finanzamt online“ mir erlaubt, meine eigenen Steuerdaten in meine eigene Steuererklärung automatisch einzufügen?
Es seien erst etwa 800 000 vorausgefüllte Steuererklärungen abgegeben worden, gaben die Finanzämter bekannt. Wundert mich nicht. Das sind 800 000 Pioniere oder 800 000 Steuerberater, die nach Stundensatz bezahlt werden.
Es muss einen Weg geben irgendwo zwischen Datenschutz (den ich haben will) und der Internet-Entsprechung eines Amtsgebäudes mit düsteren Fluren, die alle gleich aussehen, gefühlt 150 Zimmern und keinem, der zuständig ist.
Update 2016: Und wieder war es Zeit, für eine Steuererklärung. Und tatsächlich hat es diesmal funktioniert: Elster-Zertifikat auf der alten Festplatte suchen (mein PC hatte diverse Umbauten inzwischen) und schon wurden die Daten abgerufen. Also insgesamt schon 2x 10 Minuten eingespart! Dauert nur noch etwa 13 Jahre, bis sich die VaSt rein zeitlich gelohnt hat!