Gestern saß ich beim Essen mit meiner 17-jährigen Tochter und ihrem 18-jährigen Freund. Es ging um die gamescom* in Köln und ihre Pläne, dort im Sommer hinzufahren. Man erzählte von League of Legends* und der ESL*, diversen youtube-Stars, die dort sein würden, jemandem der in Twitch* rasant eine Karriere hingelegt hatte mit Let`s Plays* und kam schließlich auf die Klassiker, die man gern mal wieder spielen würde, wie Age of Mythology oder Stronghold. Irgendwie ging es plötzlich darum, wie cool meine Tochter es fand, dass man mit mir über all solche Sachen sprechen könne, wenn sie mir auch unterstellte, dass ich wahrscheinlich nicht wisse, was ein Ping* ist, aber sonst wüsste ich ja eine Menge. Ihr Freund berichtete, dass seine Eltern überhaupt keine Ahnung von all dem hätten, aber dagegen wären.
Ich bin Jahrgang 1967, bin mit Schallplatten* und Festnetz-Telefon* aufgewachsen. Filme haben wir auf VHS-Video* oder im Kino gesehen und Fernsehen hatte drei Sender*. Zu Verabredungen musste man pünktlich kommen, denn statt Smartphone gab es gelbe Telefonzellen*. Den ersten Computer habe ich mit 24 Jahren zum Schreiben meiner Diplomarbeit genutzt. Er gehörte einem Freund, und er hatte ein Spiel installiert: SimCity.
Ich spielte mehr, als ich an der Diplomarbeit schrieb (bekam trotzdem eine sehr gute Note) und war fasziniert davon, den Computer als Arbeits- und Spielgerät nutzen zu können.
Sieben Jahre später, mit zwei Kleinkindern und einem Sozialberuf, begann ich eine Weiterbildung zur Computermedienpädagogin im Ev. Studienzentrum in Josefstal. Dort lernte ich, Dateien an E-Mails anzuhängen, Lego-Autos zu bauen und am PC zu programmieren, Bilder digital zu bearbeiten, Layouts zu erstellen, Videoschnitt und verschiedene Formen digitaler Kommunikation und Zusammenarbeit.
Seither arbeite ich (auch) als Medienpädagogin und versuche zwei Dinge: Eltern und Pädagoginnen und Pädagogen die Angst zu nehmen vor der Technik und sie zu ermutigen, sich mit den Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen zu befassen und dort auch die Chancen und Fähigkeiten des Nachwuchses zu sehen.
Und zum Zweiten eben jenen Eltern und Pädagoginnen und Pädagogen begreiflich zu machen, dass Kinder und Jugendliche dort im Internet nicht nur sinnlos Zeit verschwenden (was sie gelegentlich tun), sondern dass sie dort eine Kultur leben und prägen und von ihr lernen. Diese Kultur funktioniert auch ohne Eltern – aber es wäre ein großer Gewinn für alle Beteiligten, wenn es einen Austausch gäbe zwischen jung und mittelalt über die Internet-Kultur, die ganz einfach Teil des Lebens von sehr vielen Menschen ist.
*Erklärungen:
Die gamescom ist die weltgrösste Messe für Computer- und Konsolenspiele mit etwa 340000 Besucherinnen und Besuchern jährlich.
League of Legends ist ein sehr beliebtes Online-Spiel, in dem zwei kleine Teams von Spielern um die Vorherrschaft kämpfen (ähnlich Capture-the-Flag).
Es wird unter andererem auch in der Electronic Sports League (ESL) gespielt. In dieser Liga für Computerspiele sind aktuell (2015) fünf Millionen Spielerinnen und Spieler registriert.
Twitch ist ein Live-Streaming-Portal, welches für die Übertragung von (oft kommentierten) Videospielen genutzt wird: Das heißt, eine Person spielt und redet dazu, andere schauen sich das im Internet live an.
„Let`s Play“ ist eine sehr verbreitete Form von youtube-Videos: Das Spielen eines Computerspiels oder bestimmter Situationen oder Level eines Computerspiels wird aufgezeichnet, kommentiert und bei youtube hochgeladen. Einer der bekanntesten Let`s Player ist Gronkh, dessen Channel mehr als dreieinhalb Millionen Menschen abonniert haben und dessen beliebtestes Video (Let`s Play Minecraft #001) mehr als 11 Millionen Mal aufgerufen wurde.
Ein Ping ist sozusagen ein Klingeln an der Haustür des Internet-Hosts: Der PC schickt ein Signal und bekommt eins zurück- damit weiß man, dass die Internetverbindung steht und auch, wie schnell sie ist.
Schallplatten sind große runde und flache Vinylscheiben (in der Regel schwarz), in die eine spiralförmige Spur aus winzig kleinen Vertiefungen hinein gebrannt ist. Diese Spur kann mit der Diamantnadel eines Plattenspielers abgetastet und in Töne verwandelt werden. Faszinierend, aber unpraktisch. Das Ding musste nach 20 Minuten umgedreht werden und beim Rocken im Kinderzimmer sprang die Nadel und fräste gern mal Kratzer quer über die Scheibe. Damit war die Platte dann kaputt. Dann hängte man sich das überflüssig gewordene Cover an die Wand.
Festnetz-Telefone kennen die meisten Kinder noch, allerdings nur in „schnurlos“. Früher war das Telefon fest mit dem Kabel in der Wand verbunden, was ungestörtes Telefonieren unmöglich machte. Abhilfe schaffte oft ein 10-Meter-Kabel, welches bis ins Jugendzimmer reichte. Ein Festnetz-Telefon wird in der Regel mit allen Haushaltsmitgliedern geteilt, so dass Anrufende nicht wissen, wer dran gehen wird. Dies schreckt heutige Teenager davon ab, jemanden auf dem Festnetz-Telefon anzurufen.
VHS-Video-Kassetten zeichneten Videos auf Magnetband auf. Die Verwendung war ähnlich wie das Aufzeichnen auf HD-Recordern oder DVDs. Mit Qualitätsverlust allerdings.
Das ausgestrahlte Fernsehprogramm (empfangen mit einer Dachantenne) umfasste das Erste (ARD), das Zweite (ZDF) und das Dritte Programm (Regionalfernsehen nach Bundesland). Und es wurde nicht einmal rund um die Uhr gesendet.
Telefonzellen, die man heute nur noch aus Filmen kennt, wo seltsamerweise der Held oder die Heldin vom großen Unbekannten in einer Telefonzelle angerufen wird, wurden früher tatsächlich zum Telefonieren genutzt. Allerdings aufgrund der Kosten eher für sehr kurze Gespräche oder wenn man aus einer fremden Stadt anrief. Werden heute komplett durch das Handy ersetzt.